1Freu dich nicht auf den Morgen! Denn du weißt nicht, was ein Tag gebären mag. 2Ein anderer Mund, nicht deiner rühme dich, ein fremder, doch nicht deine eigenen Lippen! 3Der Stein ist schwer; gewichtig ist der Sand; doch der Verdruß, von einem Toren dir bereitet, ist schwerer als die beiden. 4Die Wut mag grimmig sein; der Zorn mag überschäumen; doch wer kann vor der Eifersucht bestehen? 5Viel besser Rüge, die enthüllt, als Liebe, die verschleiert. 6Aufrichtig sind gemeint des Freundes Schläge; des Feindes Küsse sind geheuchelt. 7Dem satten Gaumen ekelt's vor dem Honigseim; dem Hungrigen ist alles Bittere süß. 8Ein Vogel, der dem Nest entflieht: so ist ein Mann, der seinen Heimatort verläßt. 9Salböl und Räucherwerk erheitern das Gemüt; des Freundes Süßigkeit geht über die des Duftgehölzes. 10Den alten Freund des Hauses übergehe nicht! Klopf nicht an deines Bruders Haus am Tage deiner Not! Viel besser ist ein Nachbar in der Nähe als ein Bruder in der Ferne! 11Mein Sohn! Sei weise und erfreu mein Herz! Damit ich rechte Antwort einem geben kann, der mich beschimpfen will. 12Der Kluge sah das Unheil und versteckte sich; die Toren gingen weiter und erlitten Schaden. 13Wer einem andern bürgt, dem nimm sein Kleid! Pfänd ihn um Fremder willen! 14Wer seinen Nächsten allzu laut und gar zu früh lobpreist, dem kann's als Fluchen angerechnet werden. 15Ein triefend Dach zur Zeit des Regenwetters ist ein zänkisch Weib; sie gleichen sich. 16Der Nordwind ist ein rauher Wind; und er wird doch der "Glückverheißende" genannt. 17Wie Eisen sich dem Eisen eint, so eint ein Mann sich seinem Freund. 18Des Feigenbaumes Frucht genießt, wer diesen pflegt, und wer den seines Herren wartet, findet seinen Lohn. 19Gleichwie beim Wasser sich die Form der Form anpaßt, so auch des Menschen Herz dem Herzen. 20Der Abgrund und die Unterwelt sind unersättlich; so sind der Menschen Augen gleichfalls nicht zu sättigen. 21Nach Silber wird der Tiegel eingeschätzt; der Ofen nach dem Gold, ein Mann nach dem, was er bewundert. 22Zerstießest du den Toren selbst im Mörser, selbst mitten in der Grütze mit der Keule, nicht würde seine Torheit von ihm weichen. 23Hab acht auf deine besten Schafe, sei wachsam auf die Herden! 24Denn bares Geld reicht nicht für immer; nicht währt der Zins für alle Zeiten. 25Sprießt Gras empor, erscheint das frische Grün, und werden auf den Bergen Kräuter eingeheimst, 26dann hast du Lämmer für die Kleidung und Böcke zum Erwerb von Feldern 27und Ziegenmilch genug für deine und für deines Hauses Nahrung und Lebensmittel für die Mägde.